In Wittichenau lebten zur Zeit des Nationalsozialismus zwei jüdische Familien. Familie Hilsenrath wohnte am Markt 17. Zur Familie gehörten neben Vater Erich und Mutter Chaja die Söhne Salomon und Max, sowie Tochter Sonja. Auf der Hosker Straße 30 wohnte Familie Neufeld. Zu ihr gehörten Vater Hermann, Mutter Zipora und die Töchter Rut, Klara und Rosa.
Die Wittichenauer Juden lebten zurückgezogen, kamen kaum unter Leute. Hin und wieder kamen drei, vier Männer zu Neufelds zu Besuch. Ein Nachbar vermutet sie haben sich zu religiösen Versammlungen getroffen. Neufelds sollen die Traditionen ihrer Religion streng eingehalten haben. Klara und Rosa waren Mitglied im Wittichenauer Turnverein. Zeitzeugen erinnern sich eine zeitlang mit Rut und Klara, den beiden jüngeren Mädchen der Familie, zur Schule gegangen zu sein. Dass die jüdischen Schülerinnen dort Repressalien ausgesetzt waren, das bestritten die Zeitgenossen. Dennoch sahen es manche Lehrer nicht gern, wenn sich die Wittichenauer Schüler mit den Juden abgaben. Eine Klassenkameradin berichtet: „Wir durften nicht groß mit ihnen reden.“ Die überwiegende Bevölkerung habe gegenüber den Juden aber keine Vorbehalte gehegt.
Ein Zeitzeuge meint, die jüdischen Mädchen seien nicht bis zuletzt mit ihren Altersgenossen zur Schule gegangen. Irgendwann müssen sie zu Hause geblieben sein. Familie Hilsenrath verschwand als erste aus Wittichenau. Es wird gemutmaßt die Familienmitglieder seien geflohen – nach Argentinien. Wir fanden keine Hinweise zu ihrem Schicksal und konzentrierten uns mit unseren Nachforschungen auf Familie Neufeld. Während der Großteil unserer Zeitzeugen lediglich ihr plötzliches Verschwinden feststellte, konnte sich eine Zeitzeugin an ein mitgehörtes Gespräch erinnern. Darin wurde von der Deportation der Familie Neufeld berichtet.